unsere Produktion SHIT ISLAND ist mit dem Kurt-Hackenberg-Preis für politisches Theater 2018 ausgezeichnet worden. Der Preis wird jährlich von der Freien Volksbühne Köln verliehen. Wir sagen Danke!
+++„Shit Island ist damit nicht nur ein
bemerkenswerter Theaterabend sondern auch im besten Maße politisch im Sinne unseres
Preises“+++
von André 04.12.2018
Laudatio von Sandra Nuy für die Jury des Kurt-Hackenberg-Preises (November 2018):
„Shit Island“ erforscht die wechselvolle Geschichte der winzigen Pazifik-Insel Nauru. Ihre
Oberfläche war einst meterdick mit Phosphat bedeckt, das aus Vogelkot entstand. Durch diesen
Rohstoff erlebte die Insel eine politische und wirtschaftliche Achterbahnfahrt: ehemals
deutsche, dann australische Kolonie, nach der Unabhängigkeit reichstes Land der Welt, als die
Phosphat-Ressourcen zu Ende gingen, erfolgte die Staatspleite. Heute ist die Insel verwüstet, die
Bevölkerung krank und ein australisches Flüchtlingscamp einzige Devisenquelle. Die intelligente
Auseinandersetzung von Futur3 mit Wirkmechanismen des Kapitalismus wird mit historischen
Südsee-Visionen von Künstlern und Seefahrern verwoben, so dass es immer um beides geht: das
Eigene und das Fremde, den exotistischen Traum vom Paradies und das Leben vor Ort – oder
vielmehr das, was wir uns hier als Leben vor Ort vorstellen. Denn „Shit Island“ kreist immer auch
um die Frage, wie Bilder des Fremden entworfen werden. In der Regie von André Erlen
rekonstruiert die Produktion den europäischen Imperalismus und die Auswirkungen einer
globalisierungsbedingten Ausbeutung. Mit leichter Hand arrangiert Erlen zugleich reflexiv und
verspielt eine Fülle von Details, um Geschichte und Gegenwart des Inselstaates Nauru auf den
Grund zu gehen.
Der Einsatz der unterschiedlichen Mittel geschieht oft ironisch und manchmal sogar richtig
witzig, ohne dabei den Stoff weniger ernst zu nehmen. Für den „postkolonialen Südsee-
Traum“ hat Petra Maria Wirth zwei höchst unterschiedliche Räume gebaut: den ersten Teil
erlebt das Publikum inmitten von allerlei Tropen-Firlefanz in einer abgedunkelten Umgebung.
Historische Reiseberichte mischen sich hier mit Tönen, Klängen und Südsee-Schlagern, die der
Musiker Jörg Ritzenhoff live einspielt.
Der zweite Raum lässt die inszenierte Südsee-Exotik hinter sich und zeigt die Geschicke Naurus
mal in Miniaturformat und mal als Projektion. Irene Eichenberger, Stefan H. Kraft und Luzia
Schelling verkörpern in verschiedenen Episoden Bewohner, Reporter und Touristinnen. Der Grat
zwischen Kabarett und Performance ist dabei ein schmaler, doch die Drei bewahren stets den
Respekt vor ihrem Thema. Zusammengenommen ist „Shit Island“ damit nicht nur ein
bemerkenswerter Theaterabend sondern auch im besten Maße politisch im Sinne unseres
Preises.
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